Manche bezeichnen es als die schönste Jahreszeit, andere sind von der „aufgesetzten“ Fröhlichkeit im Karneval einfach nur genervt. Warum Karneval gut für die Seele ist, erfahren Sie hier.
Am 12. Februar ist es wieder soweit: Ausnahmezustand in Köln, Düsseldorf, Mainz und anderen Rheinmetropolen. Im Fernsehen starteten die Karnevalsvorbereitungen bereits am Samstag, den 20. Januar mit den ersten Ausstrahlungen aus den Rheinischen Sitzungssälen. Viele Norddeutsche sehen dem närrischen Treiben – hier besser unter „Fasching“ bekannt – eher mit Gelassenheit oder gar Unverständnis entgegen. Bisweilen wird das in der Welt der Erwachsenen auch als „verordnete Lustigkeit“ tituliert. Ganz anders bei den Kleinsten: „Ich möchte Meerjungfrau sein“, „Eisprinzessin“, „Zauberer“, „Pirat“. Die Fantasie unserer Kinder kann so grenzenlos sein wie die Fülle der Aufgaben, die sich aus dem Wunschoutfit ergeben. Da wird genäht, gebastelt, geschminkt, dekoriert und ausprobiert. Allerdings wird heutzutage meist nur noch bestellt. Mittlerweile ist es recht einfach geworden, kurzzeitig in eine andere Rolle zu schlüpfen, zumindest äußerlich. Kaum jemand weiß, dass Lüneburg vor den Toren Hamburgs eine Hochburg des Kostümverleihs darstellt. Gerade jetzt ist Hochsaison. Unzählige Pakete verlassen das Gewerbegebiet Hafen und versorgen ganz Deutschland mit Kostümen, Perücken, Schminke und Hüten. Wer wäre nicht gern einmal der König von Deutschland oder gar die Kanzlerin von Deutschland? Einer der Renner der Saison ist das „Merkel-Kostüm“ mit authentischem Drei-Knopf-Blazer in lebensfrohem Pink, die auffällige Statement-Kette, flache, funktionale Schuhe und frecher Kurzhaarschnitt. Die Merkel-Raute muss man allerdings selbst dazu beitragen.
Umfragen bringen es an den Tag
Bemüht man einmal die Ergebnisse repräsentativer Umfragen aus dem Jahre 2015, dann stellt sich heraus, dass etwa 31% Karneval mögen und 52% Karneval fürchterlich finden. Allerdings hat Karneval auch eine nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Komponente. So betrug der Umsatz der deutschen Kostümhersteller in den Jahren 2015/2016 rund 288,9 Mio. Euro zuzüglich 6,3 Mio. Euro für Schminksets.
Trotz regionaler Unterschiede haben die Veranstaltungen an Karneval aber leider ein große Gemeinsamkeit: Der Alkohol fließt in rauen Mengen. Entsprechend ist die Stimmung oft ungehemmt und man kommt schnell in Flirtlaune. Einer Umfrage von Elitepartner zufolge, ist Karneval auch Flirtzeit. Dennoch bleibt ein Seitensprung für Paare auch an Karneval ein Vertrauensbruch und die meisten ziehen das erst gar nicht in Erwägung.
Sich in eine andere Rolle begeben, ist nur ein Aspekt des Karnevals. Vielleicht noch wichtiger ist die ausgelassene Fröhlichkeit. Humor hilft heilen! Mittlerweile hat wohl jeder schon von Dr. Eckard von Hirschhausens Stiftung gehört. Schön, dass sich auch die Wissenschaft diesen Themen zuwendet und nicht nur Studien über Ärger, Depression, Angst und Sorgen veröffentlicht.
Und dann gibt es da noch den gesellschaftskritischen Aspekt. Die meisten Umzugswagen der lokalen Rosenmontagszüge beschäftigen sich mit politischen Themen, Unzulänglichkeiten und Missständen. Hier nimmt Volkes Stimme im wahrsten Sinne Gestalt an und kann zum Ausdruck bringen, was auf der Seele brennt. Ich bin schon sehr gespannt auf die vielen künstlerischen Fantasien zum Thema Trump, GroKo und mehr.
Karneval für die Seele
Und so kann Karneval doch der Seele gut tun, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Ich denke, hier können wir von unseren Kindern noch eine Menge lernen.
- Schlüpfe doch mal in eine andere Rolle und sei für einige Stunden, derjenige, der du gerne wärst. Lasse dich von anderen dabei bewundern und genieße den Beifall für dein sorgsam ausgewähltes Outfit. Fantasie ist Trumpf.
- Karneval macht Spaß, wenn Humor und Lachen an erster Stelle stehen, wenn Respekt und Achtung weiterhin gelten und nicht durch Alkohol außer Kraft gesetzt werden.
- Eine Umarmung erwärmt das Herz und ist durchaus erlaubt! Und wenn das Kostüm deines Gegenüber noch so sexy gewählt ist: Nur gucken, nicht anfassen!
- Freue dich auf die Zusammenkunft mit Gleichgesinnten! Mal kurz den Alltag vergessen führt wieder zu neuer Kraft.
- Und wer sich dennoch vom närrischen Treiben belästigt fühlt: Auf der Fernbedienung im Wohnzimmer gibt es Alternativen.
Ich halte es da eher mit dem diesjährigen Motto des Düsseldorfer Karnevals: „Jeck erst recht“