Cord Wöhlke führt uns hinter die Kulissen der Hamburger Drogeriekette Budnikowsky.
Wo haben wir das schon einmal gehört, dass sich überzeugte Kunden voller Stolz sogar namentlich zu einem Unternehmen bekennen? Ja, es gibt sie wirklich, die Budnianer, die Fans von Budni, der liebevollen Abkürzung der Drogeriekette Budnikowsky. Und diese Fans sind auch Helfer, doch dazu später mehr.
Ich habe einen Interviewtermin mit Cord Wöhlke in der Firmenzentrale in Hamburg Wandsbek. Seit 1979 steuert der passionierte Läufer das Unternehmerschiff in vierter Generation. 2012 holte er seine Tochter Julia und seinen Sohn Christoph mit auf die Brücke. Das thematisch zugehörige Steuerrad fällt im Eingangsbereich sofort ins Auge. Großartige Idee!
Bei unserem ersten Kennenlernen im Hamburger Unternehmertreff war ich sogleich von der offenen und zugewandten Art des Magnaten angetan. Schon bei der Gesprächseröffnung bestätigt sich der bisherige Eindruck. „Menschen sind soziale Wesen und sie suchen etwas, wo sie emotional berührt werden. Das gilt in erster Linie für unsere Kunden, aber natürlich auch für unsere Mitarbeiterführung.“ erfahre ich. Budnikowsky hat mittlerweile drei Filialen in Lüneburg. „Und wissen Sie was? Wir führen etwa 20.000 Artikel insgesamt, aber in keiner Filiale ist dasselbe Sortiment. Die regionalen Wünsche sind so unterschiedlich, dass jede Niederlassung selbst über die Verkaufsartikel entscheiden darf. Hier steht die Frage im Vordergrund: Wie können wir auf die Wünsche unserer Kunden im Umfeld am besten eingehen?
Und so sieht Wöhlke seine Shops auch eher als Treffpunkte, an denen sich Menschen unterhalten und shoppen können. Dafür entstand in ausgewählten Filialen ein Café Konzept mit belegten Brötchen und Frühstück 2Go „Das bedeutet, wir müssen unsere Läden künftig mit erheblich mehr Mitarbeitern ausstatten. Das ist angesichts des Wettbewerbs- und Preisdrucks sehr schwierig“ vernehme ich vom Budni Geschäftsführer. Ohnehin stehen die Menschen für den umtriebigen Unternehmer an erster Stelle. „Natürlich muss man immer ein bestimmtes Wertegerüst haben. Ich sage: Erst kommt der Kunde, dann kommt der Mitarbeiter, dann kommt gesellschaftliche Verantwortung, und dann kommt das Unternehmen – in dieser Reihenfolge!“
Soziale Verantwortung hat bei Budni einen großen Stellenwert. So hat der Unternehmer 1997 die Budnianer Hilfe als gemeinnützigen Verein ins Leben gerufen. In Hamburg und Umgebung konnten seit der Gründung der Organisation bereits mehr als 3.000 Kinder- und Jugendprojekte mit rund 5 Mio. Euro gefördert werden. Dabei engagiert sich jede Filiale für ein bestimmtes soziales Patenprojekt aus der Nachbarschaft. Einmal jährlich wird der Budnianer Hilfe Preis vergeben. Mit dem Erlös aus von Kunden gespendeten Bonuspunkten wird die Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum e.V. (UKE) sowie die Klinik-Clowns e.V. unterstützt. Zu den Budnianern gehören so bekannte Gesichter wie Tetje Mierendorf, Yared Dibaba, Bettina Tietjen, die Hamburger Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit und viele mehr.
Wenn es denn schon eine Kundenidentifikation mit dem Unternehmen gibt, wie sieht es dann bei den Mitarbeitern aus? „Wenn wir schauen, welche Bewerbungen wir bekommen und dann Gespräche führen, stellen wir fest, dass viele Angestellte Probleme in Großunternehmen haben, besonders mit ausgeprägten Hierarchien. Ich spreche immer nur von einer Kompetenz-Hierarchie. Weiterbildungsangebote sind sehr wichtig für uns. Offensichtlich hat sich auch unser Betriebsklima rumgesprochen. Und was überraschend stark ausgeprägt ist, ist Wunsch nach sozialem Engagement. Menschen wollen, auch wenn sie wenig Geld haben, anderen Menschen etwas Gutes tun.“
Wie führt man eigentlich so ein großes Unternehmen möchte ich wissen. „Na ja, Leidenschaft gehört schon dazu. Vor allem Offenheit für die Probleme. Man muss auch beharrlich sein und trotzdem menschlich.“ Neben die Quäntchen Glück gehört für Wöhlke auch die Beobachtung gesellschaftlicher Veränderungen dazu, um darauf zu reagieren und in Unternehmen einfließen zu lassen.
Eine dieser dramatischen Wandlungen bekam er im Juli 2017 hautnah zu spüren. Während der Proteste zum G20-Gipfel in Hamburg wurde eine Filiale im Schanzenviertel geplündert. Sprachlos und entsetzt stand er damals in den Trümmern des Marktes und konnte nicht verstehen, wie Menschen in Hamburg so etwas tun können.
Dennoch lässt Wöhlke sich nicht entmutigen und führt sein soziales Engagement weiter. So werden derzeit 45 Sozialwohnungen auf dem Nachbargrundstück der Firmenzentrale gebaut. „Das könnte alles schneller vorangehen, wenn da nicht die vielen, manchmal überzogenen, Vorschriften – beispielsweise zu Abwasser und Brandschutz wären.“
Im letzten Jahr hat Wöhlke seinen siebzigsten Geburtstag gefeiert. Auf sein Leben blickt er versöhnlich zurück. Sicher gab es manche Fehler, aus denen er gelernt hat und den ein oder anderen Geschäftspartner und Marktbegleiter, der nicht zu seinem Wort stand. Das hat ihn schon sehr geärgert.
Schließlich sprechen wir noch über seine Sichtweise auf ein künftiges Deutschland. Da bezieht Wöhlke klar Stellung: „Wenn wir in Deutschland – und gerade hier in Hamburg – einen hohen Migrationsgrad haben, dann brauchen wir für diese Kinder auch eine bessere Versorgung in Kindergärten und Schulen. Das Grundgesetz sollte nach wie vor als Leitlinie an erster Stelle stehen, auch über den verschiedenen Religionen. Vor allem müssen wir daran arbeiten, Deutschland zukunftsfähig zu machen.“ Für Unternehmen hat Cord Wöhlke einen visionären Anspruch: „Statt einer Profitmaximierung brauchen wir eine Sinnmaximierung!“
Wahre Worte angesichts einer Krisensituation, in der unsere Gesellschaft die bisherigen Werte durchaus in Frage stellen darf!